Die in Paris ansässige Internationale Energieagentur (IEA) hat gestern in ihrem Monatsbericht für Dezember bereits einen Ausblick in das kommende Jahr gegeben. In diesem gehen die Analysten davon aus, dass es die OPEC+ angesichts der steigenden Angebotsmengen aus Ländern wie den USA, Guyana und Brasilien immer schwerer haben dürfte, die Ölpreise zu stabilisieren.
Die beiden größten Ölverbraucher sind satt
Sie verweisen dabei auf eine gewisse Sättigung der Märkte östlich des Suez-Kanals, die schon das Angebot aufgenommen hätten, das Russland und der Iran im Westen nicht mehr losgeworden sind. Wenn zugegebenermaßen etwas kryptisch von „Märkten östlich des Suez-Kanals“ gesprochen wird, dann geht es dabei vor allem um die beiden bevölkerungsreichsten Länder auf unserem Globus. Indien und China vereinen rund ein Viertel der Weltbevölkerung und sind zudem die zweit- und drittgrößten Ölverbraucher der Welt.
China deckt sich im 1. Halbjahr günstig ein…
Warum bei der IEA mittlerweile von einer eingetretenen Sättigung der Ölmärkte die Rede ist, lässt sich gut an den chinesischen Rohölimporten ablesen, die 2023 in zwei unterschiedlichen Phasen abgelaufen sind. In der ersten Hälfte des Jahres kaufte der weltgrößte Ölimporteur großen Mengen des schwarzen Goldes auf und stockte seine Lagerbestände in erheblichem Umfang auf. Im gleichen Zeitraum stieg die Raffinerieverarbeitung rasch an, um sowohl den gestiegenen inländischen Kraftstoffverbrauch als auch die höheren Exporte raffinierter Kraftstoffe zu decken.
…und drosselt die Ölimporte im teuren 2. Halbjahr
Nachdem Saudi-Arabien und Russland jedoch ab Juli freiwillige Produktionskürzungen von 1,3 Millionen Barrel pro Tag vorgenommen hatten, begann das Reich der Mitte angesichts der stark gestiegenen Preise, seine Einfuhren zu drosseln.
Die Rohölimporte erreichten im August mit 12,43 Millionen Barrel pro Tag einen Höchststand. Dabei handelte es sich jedoch doch um Lieferungen, die im Mai und Juni geordert wurden, als die Preise auf dem damaligen Jahrestief notierten. Seitdem sind die Rohölimporte zurückgegangen und fielen im November auf 10,33 Millionen Barrel pro Tag.
China macht keine Angaben über die Entwicklung seiner kommerziellen oder strategischen Ölvorräte. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Raffinerien ihre Vorräte aufgestockt und im Anschluss die Importe reduziert haben.
Indiens Nachfragewachstum halbiert sich 2024 nahezu
Im Gleichschritt mit China scheinen auch in Indien die Zeiten des unstillbaren Hungers nach Öl erst einmal vorbei zu sein. Nach Einschätzung des Energieberatungsunternehmens Rystad Energy wird das Wachstum der indischen Ölnachfrage von 290.000 Barrel pro Tag in diesem Jahr auf 150.000 Barrel pro Tag im nächsten Jahr zurückgehen. Damit würde sich die Wachstumsrate der Nachfrage annähern, die im Zeitraum zwischen 2011 und 2019 zu beobachten war.
In den letzten Jahren ist die indische Wirtschaft schneller als der globale Durchschnitt gewachsen – und damit auch der Energiebedarf. Seit letztem Jahr ist Indien zu einem der wichtigsten Abnehmer von sanktioniertem russischem Öl geworden, von dem es einen Großteil in Form von Kraftstoffen nach Europa exportiert, das die Sanktionen gegen russisches Rohöl aufgehoben hat.
Wachstumsprognosen zu optimistisch
Das weitere Wachstum wird sich nach Ansicht von Analysten verlangsamen, da Indiens Wirtschaft zur Normalität zurückkehrt. Dies dürfte den Druck auf die Ölpreise erhöhen, die den Prognosen zufolge bereits durch die Wahrnehmung einer Angebotsschwemme in Verbindung mit einer schwächeren globalen Nachfrage unter Druck geraten sind.
Kurzum: Die geringeren Ölimporte Indien und Chinas bedeuten letztlich, dass sich die Prognosen für ein robustes globales Nachfragewachstum, die von der OPEC und der IEA angeführt werden, wahrscheinlich als zu optimistisch erweisen.
Kaum Veränderungen bei den Heizölpreisen
Obwohl die Notierungen für Gasöl, dem Vorprodukt für Diesel und Heizöl, heute im frühen Handel leicht zulegen, wirkt sich dies bislang noch nicht auf die Heizölpreise aus. Gegenüber dem Vortag ergeben sich für Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet je nach Region Veränderungen von etwa -0,05 bis +0,45 Euro pro 100 Liter Heizöl.
Source: Futures-Services